Brüssel (dts Nachrichtenagentur) – Die Nato hält nichts von der Idee, dass Europa eine Atom-Supermacht wird. „In der ganzen Welt müssen Führer darüber nachdenken, was am besten ihrer Stabilität, Sicherheit und Verteidigung dient. Die Entwicklung neuer Nuklearwaffen trägt nicht zu diesen Zielen bei“, sagte die stellvertretende Nato-Generalsekretärin Rose Gottemoeller der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ (F.A.S.).
Polen denkt über Atomwaffen für Europa nach
Stattdessen würden so Destabilisierung und weitere Krisen gefördert. Gottemoeller wies damit Gedankenspiele des Vorsitzenden der polnischen Regierungspartei PiS, Jaroslaw Kaczynski, zurück. Kaczynski hatte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ gesagt, er wäre für eine Atommacht Europa, „wenn es etwas Ernsthaftes gäbe“. Ein paar Atom-U-Boote reichten jedoch nicht aus. Man müsse schon zu „gewaltigen Ausgaben“ bereit sein. Es war der erste Vorstoß dieser Art von einem einflussreichen Regierungspolitiker.
Fachleute diskutieren über nuklearen Schutzschirm
Unter Fachleuten wird seit einiger Zeit über einen eigenen nuklearen Schutzschirm Europas nachgedacht – in Reaktion auf den neuen US-Präsidenten Trump. Der hatte als Kandidat in Frage gestellt, dass Amerika seine europäischen Verbündeten in jedem Fall gegen einen russischen Angriff verteidigen werde. Intern heißt es bei der Nato, dass die Europäer ihre Position schwächen würden, wenn sie sich auf Trumps Drohungen einließen. Deswegen versucht die Allianz, die Regierung Trump auf ihre Beistandspflicht festzunageln. „Ich bin sicher, dass der Präsident unsere Vertragsverpflichtungen anerkennt“, sagte Gottemoeller der F.A.S.; sie war in der Regierung Obama für Rüstungskontrolle zuständig. Der nukleare Schutzschild der Vereinigten Staaten sei die „ultimative Sicherheitsgarantie“ für das gesamte Bündnis. Gottemoeller hob zugleich die seit dem Ende des Kalten Krieges gestiegene Bedeutung konventioneller Waffensysteme hervor. Sie verwies darauf, dass US-Truppen, die derzeit in Polen stationiert werden, eine stabilisierende Wirkung hätten.
Kommentar
Bei diesem Thema fällt es mir schwer, einen Standpunkt zu finden. Einerseits sind Atomwaffen so ziemlich das Gruseligste, was die Menschheit je hervorgebracht hat. Ein Waffenarsenal, das in der Lage ist, jedes Leben auf der Erde auszulöschen darf nicht zum Spielball geopolitischer Interessen werden.
Reality Check
Aber! Die Realität sieht leider anders aus. Die Supermächte scheuen sich auch im 21. Jahrhundert nicht vor Invasionen militärisch unterlegender Länder. Der Besitz von Atomwaffen hat sie bisher davon abgehalten. Das ist auch der Hauptgrund, warum gefährdete Diktatoren weltweit in Nukleartechnologie investieren.
Europa muss unabhängiger werden
Wenn Europa nicht zwischen Russland, China und den USA zerrieben werden will, muss es ohne Frage aufrüsten und eine gemeinsame Verteidigungsstrategie entwickeln. Ob dabei auch Atomwaffen eine Rolle spielen sollten, darüber bin ich mir noch Unklaren. Mit einer leichten Tendenz zum Ja!
Sebastian Fiebiger
Redaktion