Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Der Fraktionsvorsitzende der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber, hat die Staaten der EU dazu aufgerufen, die Ankündigungen des neuen US-Präsidenten Donald Trump mit gleicher Münze heimzuzahlen. „Sollte er mit dem Slogan `America first` mit einem neuen amerikanischen Egoismus und Protektionismus ernst machen, dann müssen wir dem ein `Europe first` entgegensetzen“, sagte Weber der „Rheinischen Post“ (Samstagausgabe). Dies bedeute dann aber nicht Isolationen, sondern beispielsweise die gezielte Suche nach neuen Partnern, erläuterte der einflussreiche CSU-Politiker.
Trumps Aggressivität ist eine Chance für Europa
Dass der neue US-Präsident bereits so viele Partner vor den Kopf gestoßen habe, sei auch eine Chance für Europa. „Dann muss die EU beispielsweise zügig auf Kanada, Mexiko oder Japan zugehen“, erläuterte Weber. Ziel müsse aber auch ein „vernünftiges Verhältnis mit der neuen US-Administration“ sein. Deshalb sei er erst einmal gelassen und gespannt, was Trump tatsächlich auf den Weg bringe, erklärte Weber.
Auch Frankreichs Fillon will Gegenschlag
Nach der „aggressiven Rede“ Donald Trumps setzt der französische Präsidentschaftskandidat François Fillon („Les Républicains“) auf einen koordinierten europäischen Gegenschlag. „Wir sind nicht verpflichtet, uns mit den amerikanischen Spielregeln abzufinden“, sagte Fillon der F.A.Z. (Montagsausgabe). Mehr denn je sei eine europäische Initiative gefragt.
„Der EU geht es sehr schlecht“
Am Montag trifft Fillon zum Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, Finanzminister Wolfgang Schäuble und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in Berlin zusammen. Der Ex-Regierungschef hat laut Umfragen die besten Aussichten, im Mai in den Elysée-Palast einzuziehen. Er reist mit konkreten Projekten nach Berlin: Ihm schweben ein europäisches Verteidigungsbündnis mit einem Fonds zur Finanzierung von Auslandseinsätzen, ein Europäischer Währungsfonds und eine Agenda zur Unternehmenssteuerharmonisierung für die Eurozone vor. Die derzeitige deutsch-französische Zusammenarbeit kritisiert er gegenüber der F.A.Z. scharf: „Die Partnerschaft war nie so leer und schwach wie heute.“ Der Brexit könne für die EU „tödlich“ sein, wenn es nicht gelinge, das europäische Projekt wiederzubeleben. „Der EU geht es sehr schlecht. Mit einem starken Deutschland, ohne solides Gegengewicht“, sagte Fillon der F.A.Z. Er wies den Verdacht zurück, eine Gegenallianz mit Russland anzustreben. Aber der Westen habe Fehler im Umgang mit Moskau begangen. „Können wir Russland zu vernünftigen Positionen zurückbringen? Ich weiß es nicht, aber es ist ein Imperativ, es zu versuchen.“
Kommentar:
Für mich klingt das reichlich realitätsfremd. Europa ist weit davon entfernt, mit einer Stimme zu sprechen. Die Europäische Union kann sich glücklich schätzen, wenn sie dieses Jahr – mit Wahlen in Frankreich und den Niederlanden – überlebt.
Um in die Lücke zu springen, die die USA vielleicht lassen, muss Europa zunächst die eigenen Hausaufgaben machen.
Das sagen andere deutsche Politiker über Trump:
Sebastian Fiebiger
Redaktion