CDU-Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer äußert sich als Reaktion auf der schlechte Wahlergebnis der CDU zweifelhaft zur Meinungsfreiheit im Netz und erntet dafür Kritik von vielen Seiten.
Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), Frank Überall, hat die Äußerungen von CDU-Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer zur „Meinungsmache“ im Internet in Wahlkampfzeiten scharf kritisiert. „Annegret Kramp-Karrenbauer Äußerungen erwecken den fatalen Eindruck, dass sie das Grundrecht der Meinungsfreiheit schleifen will. Hier kann ich nur sagen: Wehret den Anfängen!“, sagte Überall der „Heilbronner Stimme“ (Mittwochsausgabe).
AKK hat offenkundig keinen Plan
Die CDU-Parteichefin habe offenkundig keinen Plan, wie man mit freien Meinungsäußerungen im Internet umgehen müsse – „nämlich tolerant“. Überall sagte weiter: „Sie ist Parteichefin, und natürlich sind auch ihre Äußerungen von der Meinungsfreiheit gedeckt.“ Aber ihre emotionale Reaktion nach den Wahlen zeige auch eine große Hilflosigkeit im kommunikativen Umgang mit der digitalen Welt. Es sei schon eine Kurzschlussreaktion gewesen, den Bundestagsabgeordneten Philipp Amthor auf den Youtuber Rezo antworten lassen zu wollen.
Auch in der Vergangenheit Wahlempfehlungen von Künstlergruppen
„Da hätte ich der CDU besser jemanden wie Norbert Blüm empfohlen, der aufgrund seiner Lebenserfahrung und Persönlichkeit, aber auch seinem sozialem Engagement beispielsweise für Flüchtlinge, ein hohes Maß an Authentizität auch bei jungen Leuten genießt“, so Überall. „Die Youtuber, die sich vor der Wahl mit Rezo solidarisiert hatten, sind im Bereich der Kunst zu verorten. Auch in der Vergangenheit gab es immer wieder kollektive Wahlempfehlungen von Künstlergruppen“, fügte der DJV-Chef hinzu. So neu sei das nicht, er würde deshalb zu mehr Gelassenheit raten. „Oder wollen wir vor einer Wahl auch das Singen verbieten?“, sagte er.
Auch Wahlempfehlungen von Zeitungen sich durch die Pressefreiheit gedeckt
„Würden tatsächlich 70 Redaktionen zu dem Schluss kommen, dass eine Partei schlechte Arbeit gemacht hat, und dies zufällig auch kurz vor der Wahl, wäre das komplett legitim und durch Pressefreiheit gedeckt“, so der DJV-Chef weiter. Kritik an den Äußerungen der CDU-Chefin kam auch von SPD-Vize Ralf Stegner. „Jetzt über Meinungsfreiheit im Netz zu diskutieren, ist eine richtige Schnapsidee“, sagte er am Dienstag dem Fernsehsender n-tv. „Wir müssen etwas lernen aus der Kultur, wir müssen über Netzpolitik, über Klimaschutz in einer Weise reden, dass wir auch junge Menschen ansprechen können.“ Es nütze nichts, „Fridays for Future“ zu loben, aber keine Konsequenzen zu ziehen.
Das hat AKK gesagt
„Jetzt über Netzfreiheit zu diskutieren ist glaube ich ziemlich daneben und Frau Kramp-Karrenbauer ist dafür ja auch zu Recht kritisiert worden“, so Stegner weiter. Die CDU-Chefin hatte am Montag nach Gremiensitzungen ihrer Partei die Anti-CDU/SPD-Wahlempfehlung mehrerer Youtuber im Vorfeld der Europawahl kritisiert. Hätten 70 Zeitungsredaktionen kurz vor der Wahl einen ähnlichen Aufruf gestartet, wäre das „klare Meinungsmache“ gewesen, sagte sie. Den Vorwurf, Meinungsäußerungen regulieren zu wollen, hatte sie später über den Kurznachrichtendienst Twitter zurückgewiesen.
Ein Tabubruch! Wer in Deutschland an der Meinungsfreiheit rüttelt, kann keine politische Zukunft haben, wird allenfalls zum Beobachtungsobjekt für den Verfassungsschutz.
Es fällt mir schwer, AKKs Äußerungen wohlwollend auszulegen. Auch Erdogan und Putin sagen nicht „Wir schaffen die Meinungsfreiheit jetzt ab und verbieten die Presse“. Der Abbau von Grundrechten geschieht schleichend, wird immer begründet und mit wohlklingenden Worten geschmückt.
Das Statement reiht sich ein, in eine Folge mindestens „ungeschickter“ Äußerungen der CDU-Chefin und lässt klar erkennen, dass sie mit dem Amt überfordert ist.